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Mittwoch, 24. Januar 2018

Die Spezialkräfte der Bundeswehr - strategische Hochwertinstrumente

Berlin (ww) Militärische Spezialkräfte – Special Operations Forces (SOF) – sind operative bzw. strategische Hochwertinstrumente. Zu den wesentlichen Voraussetzungen ihres Einsatzerfolges gehören das richtige Personal, moderne Ausrüstung, politischer Wille, SOF einzusetzen, und entsprechende Rückendeckung sowie Geheimhaltung. Ein mit schwarzen Balken gespicktes "Factsheet" zum deutschen Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr - erstellt durch die facebook-Redaktion der Bundeswehr - sorgte heute (24- Januar 2018) im Netz für Heiterkeit. Ich nehme das gerne zum Anlass, hier einen noch recht aktuellen Artikel aus der ES&T 9/2017 zu publizieren. Er betrachtet die Thematik deutsche Spezialkräfte etwas ausführlicher.
"Factsheet" der Bundeswehr-Facebook-Redaktion vom 24.01.2018. (Screenshot von Facebook)
Die Führungsorganisation der deutschen militärischen Spezialkräfte hat sich auf Grundlage der Weisung des Generalinspekteurs der  Bundeswehr vom 11. November 2016 (VS-NFD) weiterentwickelt. Die Spezialkräfte der Bundeswehr umfassen nun das Kommando Spezialkräfte (KSK) des Heeres in Calw, das Kommando Spezialkräfte (KSM) der Marine in Eckernförde sowie als neues Element die 4. Fliegende Staffel des Hubschraubergeschwaders 64 (4./HSG 64) der Luftwaffe in Laupheim dazu. Alle kooperieren eng miteinander und bilden die neuen Spezialkräfte der Bundeswehr (SpezKrBw).

Spezialkräfte erfüllen unterschiedlichste Aufträge. Das Spektrum ihrer Einsatzarten und Aufgaben umfasst unter anderem:

* Direct Action (DA; Kampfeinsätze gegen Ziele strategischer und/oder operativer Bedeutung);
* Special Reconnaissance (SR; Spezialaufklärung = Gewinnen von Schlüsselinformationen für die strategische und operative Führungsebene);
* Military Assistance (MA, Zusammenarbeit und Ausbildungsunterstützung bei Sicherheitskräften in Partnerstaaten);
* Schutz eigener Kräfte auf Distanz und von Personen in besonderer Lage;
* Hostage Rescue & Recovery (HRR, auch HRO = Hostage Rescue Operations; Retten und Befreien von Personen aus Gefangenschaft, Geiselnahme oder terroristischer Bedrohung);
* Counterterrorism (CT; offensive Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Bedrohung und Kampf gegen subversive Kräfte);
* Unconventional Warfare (UW; unkonventionelle Kriegführung);
* Covert Operations (verdeckte Operationen im Aufgabenspektrum der Streitkräfte).

Die Einsatzaufgaben sind weltweit und in allen Klimazonen zu erfüllen – oftmals in schwer zugänglichem und/oder vom Gegner kontrollierten Gebiet bzw. in feindlicher Umgebung. Wesentliche Erfolgsfaktoren für Spezialkräfteeinsätze sind Geheimhaltung, gute Aufklärung und Einsatzplanung sowie Entschlossenheit, Schnelligkeit und Präzision.

Spezialkräfte können sich bei ihren Einsätzen auf Unterstützungskräfte sowie die „Linientruppe“ abstützen. International hat sich eine dreistufige „Rangordnung“ durchgesetzt – „Tier one“ bis „Tier three“. Bei der Bundeswehr bilden die erste Stufe („Tier one“) die Kommandos, die Kampfschwimmer und die Kräfte der 4./HSG64 bzw. der Einsatzverbund Spezialkräfte. „Tier „two“ sind dann Kräfte zur direkten taktischen Unterstützung. Hierzu zählen in Deutschland beispielsweise die EGB-Kräfte der Fallschirmjägerregimenter (EGB = Erweiterte Grundbefähigung). „Tier three“ sind dann sonstige Kräfte zur Unterstützung, etwa Feldjägerkräfte, Operative Information, oder Feldnachrichtentruppe.

Das Kommando Spezialkräfte (KSK)
1996 aufgestellt, bildet das KSK den größten Spezialkräfteverband der Bundeswehr. Der Kommandeur KSK ist zugleich General Spezialkräfte. Als solcher ist er auch für die Zukunftsentwicklung der Spezialkräfte des Heeres und weiterer Elemente des Einsatzverbundes Spezialkräfte zuständig.
Ausrüstung und Erscheinungsbild des KSK haben sich seit der Aufstellung 1996 stetig weiterentwickelt. (Foto: KSK)

Das KSK gliedert sich in Stab, Einsatzkräfte, Spezialunterstützungskräfte, den Bereich Einsatzkräfte Ausbildung sowie in den Bereich Weiterentwicklung.

Der Stab unterstützt den Verband administrativ in dessen Rolle als Leitverband sowie als Truppensteller von Einsatzverbänden Spezialkräfte Heer. Er verfügt über ein Dezernat Air Land Integration (SOF ALIC). Dieses ist für Luftunterstützung, Joint Fire und Personal Recovery zuständig und macht den Stab mit anderen NATO SOF-Einsatzstrukturen interoperabel.

Geführt von dem Kommandeur Einsatzkräfte („kleiner Kommandeur“) gliedern sich die Einsatzkräfte im Grundbetrieb in vier Kommandokompanien, eine Spezialkommandokompanie und eine Spezialaufklärungskompanie. Die Kommandokompanien wiederum gliedern sich in Kommandozüge und diese in Kommandotrupps. Dazu kommt eine Teileinheit mit der Fähigkeit zur hochpräzisen Zielbekämpfung aus Distanz (Scharfschützen) und zur optronischen Spezialaufklärung sowie ein organisches Führungs- und Planungselement. Die Spezialkommandokompanie hält Kräfte für taktische Luftraumkontrolle (Combat Control), streitkräftegemeinsame Feuerunterstützung (Joint Fire Support) sowie Entschärfung (Counter IED und EOD) bereit. Die  Spezialaufklärungskompanie stellt Kräfte für spezifische Aufklärungsaufträge wie z. B. drohnengestützte technische und multispektrale Aufklärung oder CBRN-Detektion. Hinzu kommen Aufklärungssoldatinnen für „Female Engagement“-Aufträge in Einsatzgebieten mit besonderen kulturellen Umgebungen.

Der Kommandeur Unterstützungskräfte führt die Spezialunterstützungskräfte. Hierzu zählen die Versorgungskompanie, die Unterstützungskompanie, die Fernmeldekompanie und das Sanitätszentrum. Die Spezialunterstützungskräfte halten nicht nur den Grundbetrieb „am Laufen“, sondern unterstützen das KSK auch bei seinen Aufgaben als Leitverband. Im Einsatz werden sie direkt den Einsatzverbänden Spezialkräfte Heer unterstellt.

Der Bereich Einsatzkräfte Ausbildung leistet Auswahl sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie die Führerausbildung im KSK. Ihm unterstehen das Einsatz- und Ausbildungszentrum Kommandokampf, die Gruppe Fachausbilder und das Schießausbildungszentrum.

Der Bereich Weiterentwicklung treibt die Weiterentwicklung der Heeres-Spezialkräfte voran. Er gliedert sich in die Dezernate Konzeption, Ausbildungskonzeption und Struktur sowie Rüstung. Dazu kommt ein Sonderdezernat mit Heeresflieger-, Luftwaffen- und Marinepersonal.

Rüstungsbedarf beim KSK
Hauptwaffensystem des KSK bleibt der Kommandosoldat. Derzeit gibt es jedoch einige wesentliche Beschaffungsvorhaben, mit denen dessen Kampfwert gesteigert werden soll:
- Mobilität: Hier geht es vor allem um Kleinfahrzeuge, ein neues Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug sowie ein taktisches Gleitfallschirmsystem;
- Sturmgewehr Spezialkräfte: Diese Langwaffe soll auf die besonderen Bedürfnisse der Kommandosoldaten im Hinblick auf Präzision und Zuverlässigkeit zugeschnitten sein. In Rede stehen eine leichte und eine schwere Ausführung in 5,56 x 45 mm und 7,62 x 51 mm. Das Auswahlverfahren für die leichte Variante entschied das HK416A7 für sich, welches als G95 eingeführt werden könnte.
- Nachtkampffähigkeit: Die Befähigung, bei Dunkelheit operieren zu können, stellt derzeit oftmals noch einen taktischen Vorteil dar. Allerdings holen selbst nichtstaatliche Gegner auf, da Nachtsichttechnik zunehmend verfügbar ist.
- „Soldier Systems“: alles weitere, was die Kampfkraft des Kommandosoldaten in den Fähigkeitskategorien Aufklärung, Wirkung, Schutz und Mobilität, steigern kann (z. B. Bekleidung, persönliche Ausrüstung, Funkgeräte etc.)
Bekleidung und Ausrüstung im neuen Multitarndruck (Foto: Bundeswehr)

Immer wieder steht ein eigener Beschaffungsprozess für Spezialkräfte zur Diskussion. In jedem Falle aber wird gefordert, daß sich die Beschaffungen des KSK innerhalb des „CPM nov“ beschleunigen ließen. Denn bei den üblichen Zeiträumen laufe man Gefahr, daß das zulaufende Gerät schon wieder veraltet sei – und gerade im Spezialkräfte-Bereich ergibt sich ein schneller Modernisierungszyklus, um „up to date“ zu bleiben.

Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM)
Kampfschwimmer sind die ältesten Spezialkräfte der Bundeswehr! Der Marine zugeordnet, unterstützen sie durch Spezialoperationen im maritimen Umfeld die Einsätze der deutschen Streitkräfte. Auch Unterstützungen bei HRO gehören zu ihrem Aufgabenbereich. Die ersten Spezialkräfte, die während der Entführung des Containerschiffs „Hansa Stavanger“ im April 2009 im indischen Ozean vor Ort waren, war ein Einsatzteam der Kampfschwimmer. Der Einsatzraum der triphibisch ausgebildeten Marinesoldaten verbindet See, Luft und Land.

Der 50. Geburtstag der Kampfschwimmerkompanie am 1. April 2014 brachte einen organisatorischen Einschnitt mit sich. Seither gehören die Männer mit dem charakteristischen Sägefisch vor dem Fallschirm zum „Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM)“. Aus- und Weiterbildung, Versorgung und Unterstützung und damit der komplette Einsatz liegen seither in den eigenen Händen des neuen Verbandes.
Die Kampfschwimmer - die ältesten Spezialkräfte der Bundeswehr! (Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert)
Das KSM umfasst neben Stab und Kampfschwimmerkompanie noch die Gruppe Ausbildung und einen Unterstützungsbereich. Die Kampfschwimmerkompanie gliedert sich in ein Führungselement, die drei Einsatzteams I bis III und drei weitere Einsatzgruppen: Land, Luft, See.

Zum Unterstützungsbereich gehört das Spezialoperationen Bootsteam (SBT) für die Verbringung auf See. Das in der Marine einzigartige Special Operation Medical Support Team (SOMST) leistet ganz vorne direkte medizinische Unterstützung. Ein Fernmeldebereich stellt die Kommunikation sicher. Die Einsatzgruppe Luft ist für die Unterstützung des vertikalen Eindringens zuständig. Der Versorgungs- und der Instandsetzungsbereich sorgen für Nachschub und Einsatzfähigkeit.
Annäherung mit Unterwasser-Scooter (Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert)

Die Ausbildung zum Kampfschwimmer erstreckt sich auf bis zu drei Jahre. Sie umfasst nicht nur das militärische Tauchen sondern auch spezifische Schieß-, Einzelkämpfer-, Fallschirmsprung- und Sprengausbildung. Dazu kommen Boots- und Kajakausbildung, Fremdwaffenschulungen, Fahrtraining und vieles mehr. Weiterhin erfolgen Spezialisierungen Scharfschütze, Fernmelder, Forward- Air Controller, Spreng- und Zugangstechniker oder Rettungssanitäter. Die Ausbildung erfolgt weltweit und in enger Kooperation mit nationalen und internationalen Spezialkräften.
Für die übrigen Kräfte der einstigen Spezialeinsatzkräfte der Marine (SEKM) – die Minentaucher- und die Boardingkompanie – markiert der 1. April 2014 ebenfalls einen neuen Abschnitt in ihrer Geschichte. Sie unterstehen seither dem neu aufgestellten Seebataillon, einem der größten Verbände der Deutschen Marine. Zu den rund 800 Soldaten zählen neben Minentauchern und Boardingsoldaten auch die Marineschutzkräfte sowie Aufklärungskräfte einschließlich Scharfschützen.

4./Hubschraubergeschwader 64 
Seit 11. November 2016  gehört die 4. Fliegende Staffel des Hubschraubergeschwaders 64 (HSG 64) im baden-württembergischen Laupheim ebenfalls zu den Spezialkräften der Bundeswehr.
Das HSG 64 mit seinen Standorten Laupheim und Schönewalde/Holzdorf ist einer der jüngsten Verbände der Luftwaffe. Der teilstreitkraftübergreifende Lufttransport von Personal und Material im nationalen und multinationalen Bereich bildet seinen Hauptauftrag. Weiterhin ist es für die Planung, Steuerung, Durchführung und Überwachung von der Rettung von Personal (Personnel Recovery/PR) und für die Unterstützung von Spezialkräften zuständig. Dazu kommen die medizinische Evakuierung (Medical Evacuation/MedEvac) und militärische Evakuierungsoperationen (Military Evacuation Operations/MilEvacOp) im taktischen, operativen und strategischen Einsatzspektrum. Weiterhin ist das Geschwader für die fliegerische Aus- und Weiterbildung sowie die taktische Einsatzausbildung auf den Waffensystemen CH-53 GA/GS und H145M LUH SOF verantwortlich.
Die Bundeswehr hat 15 Maschinen des besonders auf die Bedürfnisse von Spezialkräften zugeschnittenen H145M LUH SOF beschafft. LUH SOF steht für „Light Utility Helicopter (LUH) Special Operations Forces (SOF)“, also „Leichter Unterstützungshubschrauber für Spezialkräfte“. Er bildet das wesentliche Waffengerät der 4./HSG64 und unterstützt KSK und KSM. Erst am 26. Juni 2017 übergab Airbus Helicopters die letzten H145M LUH SOF an die Bundeswehr.

Fast Roping aus dem H145M (Foto: Bundeswehr/Johannes Heyn)
Bei der H145M handelt es sich um die militärische Version des bewährten zweimotorigen Zivilhubschraubers H145, der 2014 erstmals ausgeliefert wurde. Inzwischen hat die gesamte H145-Flotte es auf über 50.000 Flugstunden gebracht. Mit einem maximalen Abfluggewicht von 3,7 Tonnen kann die agile H145M für ein breites Spektrum an Aufgaben in den Bereichen Transport, Versorgung, Überwachung, Luftrettung, bewaffnete Aufklärung und medizinische Evakuierung verwendet werden. Die H145M LUH SOF der Bundeswehr sind ausgestattet mit einem Abseilsystem zur Verbringung von Spezialkräften, einem Hochleistungskamerasystem zur Aufklärung sowie Vorrichtungen zur Feuerunterstützung im Einsatz und ermöglicht damit den Spezialkräften eine breite Vielfalt an neuen Einsatzmöglichkeiten. Darüber hinaus bietet der neue Hubschrauber mit einem ballistischen Schutz sowie einer elektronischen Selbstschutzanalage ein hohes Maß an Sicherheit im Einsatz.

Der Hubschrauber wurde für Einsätze bei Tag und Nacht sowie unter widrigsten Umständen entwickelt. Der Antrieb erfolgt über zwei Turbomeca Arriel 2E Gasturbinen, die über das FADEC-System (full authority digital engine control) gesteuert werden können. Darüber hinaus ist der Hubschrauber mit der digitalen Avioniksuite Helionix ausgestattet und bietet damit neben einem innovativen Flugdatenmanagement auch einen leistungsfähigen 4-Achsen-Autopiloten, wodurch die Piloten in ihren Einsätzen erheblich entlastet werden. Ihre besonders niedrigen Geräuschemissionen machen die H145M zum leisesten Hubschrauber ihrer Klasse.

Mit dem Vorhaben H145M ging ein deutsches Rüstungsprojekt verhältnismäßig schnell in die Nutzungsphase. So hatte die Bundeswehr vor nicht einmal vier Jahren, im Juli 2013, als Erstkunde insgesamt 15 Maschinen bestellt. Bereits im Dezember 2015 konnte sie die ersten Exemplare im Empfang nehmen.  Mit der jetzt abgeschlossenen Auslieferung hat Airbus Helicopters das gesamte Programm im vorgegebenen Zeit- und Kostenrahmen (rund 200 Millionen Euro) umgesetzt.

Einheitliche Führung
Spezialkräfte sind strategische Hochwertressourcen. Ihre Einsätze sind von strategischer und damit politischer Bedeutung. Daher stehen sie auch im Fokus des öffentlichen Interesses und der Medienberichterstattung. Der Einsatzerfolg von Spezialoperationen erfordert daher flache, effiziente und reaktionsschnelle Hierarchien – schnelle Wege vom politischen Entscheider zum Einsatzverband. Dazu kommt eine besondere Geheimhaltung – „Kenntnis nur wenn nötig“, lautet der Grundsatz. Weiterhin gelten gerade auf der taktischen Ebene besondere Führungsgrundsätze - „Spezialkräfte werden nur durch Spezialkräfte geführt!“. Allerdings sollen in jedem Einsatz, bei dem gleichzeitig Spezialkräfte und „Linientruppe“ eingesetzt sind, Synergieeffekte erzielt werden.

Die Bundeswehr verfügt über kein eigenes „Spezialkräftekommando“.  Der Erlass des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 11. November 2016 legt vielmehr fest, dass das Einsatzführungskommando der Bundeswehr (EinsFüKdoBw) die streitkräftegemeinsame Führungseinrichtung der Spezialkräfte der Bundeswehr auf der operativen Ebene wahrnimmt. Darüber hinaus sind die Spezialkräfte der Bundeswehr durch diesen Erlass des Generalinspekteurs für den Einsatz dem Befehlshaber EinsFüKdoBw neuerdings durchgehend unterstellt. Er verantwortet die Zukunfts- und Fähigkeitsentwicklung der Spezialkräfte der Bundeswehr – quasi aus der „Joint-Perspektive“

Hierzu verfügt das EinsFüKdoBw über eine eigene Abteilung Spezialoperationen. Sie untersteht direkt dem Befehlshaber EinsFüKdoBw und plant und führt Operationen der Spezialkräfte der Bundeswehr in seinem Auftrag. Die Abteilung verfügt über eine eigene Stabsstruktur, welche alle erforderlichen Fähigkeiten gesondert vom EinsFüKdoBw abbildet, kann aber natürlich auf dieses zurückgreifen und Synergieeffekte nutzen. Weiterhin ist die Abteilung auf Grundlage eines Single Point of Contact (SPOC)-Netzwerks hervorragend streitkräftegemeinsam, ressortübergreifend und international vernetzt. Dies verkürzt die Reaktionszeit und erweitert den Handlungsspielraum der eigenen Kräfte und Mittel.

Ausblick
Die sicherheitspolitischen Lageveränderungen bringen zum Teil eine Neugewichtung des Aufgabenspektrums von Spezialkräften mit sich. So werden Aufgaben im Rahmen „klassischer Einsatzszenarien“ wie der Landes- und Bündnisverteidigung wieder an Bedeutung gewinnen. Als weiteres Betätigungsfeld kommt der Kampf gegen die Proliferation von Massenvernichtungswaffen  auf die Agenda. Diesem Szenario trug erst kürzlich die Lehrübung „Resolute Solution“ Rechnung.
Übung "Resolute Solution": Massenvernichtungswaffen werden gesichert und vernichtet (Foto: Bundeswehr/Jana Neumann)

Dabei stellten KSK, 4./HSG64 sowie Soldaten des ABC-Abwehrbataillons 750 und weiterer Einheiten einen Zugriff auf eine als Produktionsstätte für Kampfstoffe mißbrauchte Pestizidfabrik dar. Ebenso werden vermehrt Military Assistance-Einsätze durchzuführen sein, um terroristischen und weiteren Bedrohungen bereits fernab des eigenen Territoriums begegnen zu können. Spezialkräfte bleiben auch auf absehbare Zeit strategische Hochwertinstrumente. Die Weiterentwicklung der Führungsstruktur und die Erweiterung der SpezKrBw in den Bereich der Luftwaffe verbessert die Fähigkeiten und bietet der strategisch-politischen Ebene einen professionellen Leistungskatalog. Es braucht aber auch den politischen Willen, die Fähigkeiten der Spezialkräfte abzurufen.

Autor: Dr. phil. Jan-Phillipp „JP“ Weisswange, Oberstleutnant d. R. arbeitet als Referent Öffentlichkeitsarbeit in der wehrtechnischen Industrie. Dieser Artikel gibt ausdrücklich seine persönliche Meinung wieder. Dieser Beitrag erschien zuerst in der Europäischen Sicherheit&Technik 9/2017, S. 108 ff. Abdruck mit freundlicher Genehmigung. www.esut.de